Person - Karl Schönherr
Karl Schönherr (* 24. Februar 1867 in Axams, Tirol; † 15. März 1943 in Wien) war Arzt und Schriftsteller.
Leben: Karl Schönherr war der Sohn Maria Suitners (* 7. April 1835 in Leiblfing) und des Dorfschullehrers Josef Schönherr (* 12. April 1836 in Obsteig). Karl Schönherr studierte zunächst Medizin und wurde zum Dr. med. promoviert. In jungen Jahren publizierte er in der Wiener Zeitung. Als Schriftsteller gelang ihm nach humoristisch angelegten Erzählungen in der Welt ländlicher Alltagsszenarien der Durchbruch; als Dramatiker mit seiner Tragödie braver Leute
Die Bildschnitzer, die 1900 am Deutschen Volkstheater in Wien Premiere hatte. Zu seinen erfolgreichsten Stücken zählen
Glaube und Heimat (1910) und
Der Weibsteufel (1914). Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gehörte er der politisch gesäuberten Deutschen Akademie der Dichtung an, einer Unterabteilung der Preußischen Akademie der Künste. Reichsdramaturg Rainer Schlösser bezeichnete Schönherrs schriftstellerische Tätigkeit am 9. Mai 1933 im Völkischen Beobachter als „blutechtes, bodenständiges Schaffen“. Schönherr schrieb zu dieser Zeit Werke wie
Die Fahne weht (1937). Anlässlich der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs schrieb er im April 1938 folgende Verse: „Nun sind wir wieder ein gewaltiges Land, / so wie in alter Zeit, / das keine Welt auseinanderreißt“. Schönherr, der nach den rassistischen Nürnberger Gesetzen mit einer Jüdin verheiratet war (Malvine, 1867–1956), erhielt weiterhin Schreiberlaubnis; er verstarb 1943.
Karl Schönherr ruht in einem Ehrengrab auf dem
Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14 C, Nummer 11).
Aufführungen und Rezeption (Auswahl): 1912 hat eine Gruppe von amerikanischen Studenten Glaube und Heimat in deutscher Sprache aufgeführt, und zwar als Studententheater am Central Wesleyan College in Missouri.
1918 hat Kardinal Faulhaber gegen die Aufführung von
Der Weibsteufel in München protestiert; der bayerische König ließ das Stück vom Programm absetzen.
Auszeichnungen und Ehrungen:
1908 Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens
1908 Schiller-Preis (Preußen) für
Erde
1908 Volks-Schillerpreis für
Erde
1908 Bauernfeld-Preis für
Erde
1911 Grillparzer-Preis
1917 Grillparzer-Preis
1920 Grillparzer-Preis
1934 Österreichisches Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft
1937 Ehrenring der Stadt Innsbruck
1937 Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft
In Innsbruck, Kufstein, Lienz, Axams, Wörgl, Telfs und Graz wurden Verkehrsflächen nach ihm benannt. In der Karl-Schönherr-Straße in Innsbruck befindet sich die Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule, in Axams trägt die Sprengelhauptschule des Westlichen Mittelgebirges den Namen Karl-Schönherr-Hauptschule. In Schlanders im Vinschgau ist das Kulturhaus nach ihm benannt.
Werke:
Inntaler Schnalzer. Gedichte, 1895
Tiroler Marterln. Gedichte, 1895
Allerhand Kreuzköpf. Erzählungen, 1895
Karrnerleut’. In: Die Presse, 29. Oktober 1895
Der Judas von Tirol. Drama, 1897
Die Bildschnitzer. Drama, 1900
Der Sonnwendtag. Drama in fünf Akten, erstmals aufgeführt 1902 im
Hofburgtheater in Wien
Caritas. Erzählung, 1905
Karrnerleut. Drama, 1905
Familie. Drama, 1905; unter dem Titel Kindertragödie, 1913
Erde. Komödie des Lebens, 1907 (geschrieben in Altenberg im Haus von Adolf Lorenz)
Glaube und Heimat. Die Tragödie eines Volkes. Drama, Leipzig 1910 – Das Bühnenstück wurde zur Namensgeberin für die 1924 gegründete deutsche evangelische Kirchenzeitung Glaube und Heimat in Thüringen. Der Stummfilm Glaube und Heimat von Emerich Hanus kam 1921 erstmals auf die Leinwand.
Aus meinem Merkbuch. Erzählung, 1911
Schuldbuch. Erzählung, Leipzig 1913
Tiroler Bauernschwänke. Erzählungen, 1913
Die Trenkwalder. Komödie, 1914
Der Weibsteufel. Drama, 1914
Der Weibsteufel, Hörspielbearbeitung und Regie: Ursula Scheidle, Produktion: ORF/SWR 2019
Volk in Not. Drama, 1916
Frau Suitner. Schauspiel in fünf Akten, Leipzig 1917
Das Königreich. Volksmärchen in vier Akten. Leipzig 1917
Narrenspiel des Lebens. Drama, 1918
Der Kampf. Drama, 1920
Es. Schauspiel in fünf Akten, Leipzig 1923
Der Komödiant. Ein Vorspiel und fünf Akte, Wien 1924
Die erste Beicht' und andere Novellen [aus: Aus meinem Merkbuch und Schuldbuch; Nachwort:
Anton Bettelheim]. Philipp Reclam jun., Leipzig, 1924
Die Hungerblockade. Drama, 1925
Der Armendoktor. Drama, 1927
Der Spurius. Österreichische Komödie in drei Akten, Wien 1927
Herr Doktor, haben Sie zu essen? Drama, 1930
Passionsspiel. Drama, 1933
Die Fahne weht. Schauspiel in drei Akten, 1937
Verfilmungen:
Der Judas von Tirol. 1933, 1978, 2006.
Erde. Drehbuch: Eduard Köck, Regie: Leopold Hainisch, Coproduktion Österreich/Schweiz, 1946/47.
Der Weibsteufel. 1920, 1924, 1951, 1966, 1983, 1984, 2000, 2009, 2012 (unter dem Titel Grenzgänger und englisch She-Devil).
Die Bildschnitzer – eine Tragödie braver Leut´. Spielfilm/Fernsehen, Drehbuch und Regie: Luis Walter, RAI Sender Bozen, 2001.
Weiters im Grab bestattet:
Malvine Luise Schönherr, * 19.11.1867, † 1956, Bestattungsdatum: 13.02.1956
Schönherr-Runde: Im Lauf der Jahre trafen sich im Restaurant an der Währinger Straße 67
(heute
Haus Zakeri) von
Josef Pohl wiederkehrend Gruppen,
Verbandsmitglieder und Vereine. Besonders hervorzuheben ist
die SCHÖNHERR-Runde, der Wiener Künstlerklub mit seinem Stammtisch,
Josef Pohl war ein Duzfreund von Doktor Karl Schönherr.
Zu den "Mitgliedern" der Runde zählten der Arzt und Schriftsteller
Karl Schönherr,
Opernsänger Baritonist Dr.
Emil Schipper, (Vorsitz, ein Schüler Winkelmanns),
seine Frau
Maria Olszewska,
Medizinalrat Dr. Friedrich Schreiber,
der Burgschauspieler Walter Huber,
Krankenkassenbeamter und Gemeinderat
Friedrich Schleifer,
Chefredakteur
Maximilian Schreier,
Advokat Dr.
Paul Klemperer,
Schauspieler
Ernst Wurmser
und natürlich Kommerzialrat
Josef Pohl, der Besitzer des Theater-Restaurants.
Allgemeine Sport-Zeitung vom 11.4.1915, Seite 212:
DER »WEIBSTEUFEL«.
Im
Burgtheater wird jetzt Schönherrs »Weibsteufel«
gegeben, eine mehrfache Merkwürdigkeit:
ein fünfaktiges Drama mit nur drei Personen, und
ein Stoff, der zum Widerspruch herausfordert.
Welchen Zweck hat es, die menschliche Brunft
in wildestem Grade und in widerlichster Natürlichkeit
auf die Bühne zu bringen und damit fünf
Akte zu füllen? Daß ein physischer Übermensch,
ein kraftstrotzender Prachtkerl, eine Art Musterzuchthengst
der Gattung Mensch auf ein gleichfalls
kerngesundes, starkes, junges Weib voll Leben und
Blut eine viel stärkere geschlechtliche Anziehungskraft
ausübt als ein schwaches, kränkliches Männchen,
das anderen nur im Verstande und der Pfiffigkeit
über ist, und daß die in einem solchen Weibe
dann erst erwachte rein tierische Sinnlichkeit bis
zu hellen Flammen auflodern kann, das bedurfte
doch nicht erst eines Nachweises in dramatischer
Form.
Man kennt von den größten Malern aller
Zeiten auch Zeichnungen und Bilder, die gleich
wohl nicht öffentlich gezeigt werden dürfen. Weshalb
das, wenn es wahr ist, daß die Kunst alles
adelt, jeden Stoff?
Man erzählt von einem Maler, der einst als
Stilleben einen Haufen menschlicher Exkremente
mit so packender Naturtreue dargestellt hat, daß
sich die Beschauer unwillkürlich an die Nasen
griffen, um sie zuzuhalten. Gewiß war das auch
Kunst und dieses Bild ein malerisches Meisterwerk.
Wer aber hängt ein solches Gemälde in seinen
Salon? Was hat es für einen Zweck, ein großes
Können für einen solchen Stoff zu vergeuden?
Ähnlich ist es mit dem »Weibsteufel« von
Schönherr. Das Stück ist zweifellos in seiner Art
ein hervorragendes Werk, allerdings mit verhautem
Schluß, und es wird von unseren Burgkünstlern
ganz meisterhaft gespielt. Insbesondere Frau Medelsky
bietet eine Leistung von außerordentlicher
Größe und schauspielerischer Kraft. Ist aber eine
solche Gattung von Theaterdichtung wünschenswert?
Zur Bildung und zur Veredlung der Gemüter
und des Geistes trägt doch ein solches
Werk nicht bei! Wo bleibt da die höhere Aufgabe
der Kunst und des Theaters?
Jedenfalls aber — wenn schon auch solche
Dichtung auf der Bühne gepflegt werden soll —
ist das kein Stück für das
Burgtheater. Man ist
dort jetzt schon sehr weit gegangen in der so
genannten modernen Richtung, daß man aber
auch noch diesem »Weibsteufel« die Pforten der
Hofbühne erschlossen hat, daß man ihrem Publikum
diesen Stoff vorführt, darf wohl wundernehmen.
Wohin werden wir da noch kommen?
Der Kritiker der »Neuen Freien Presse« sagt
über das Stück: »Aber auch den ländlichen Rock
empfindet man diesmal fast als ein Zuviel. Man
möchte dem Manne seinen Kittel, dem Weibe
das Mieder ausziehen; das Stück, wenn es die
Sitte erlaubte, müßte eigentlich im adamitischen Kostüm dargestellt werden,
damit zwischen Mensch und Natur jede Scheidewand
fiele, zwischen uns und unserem Triebleben
die letzte dünne Kulturschichte dahinschwände.«
Die Sitte ist aber auch etwas wandelbares.
Sie hat sich schon gar mannigfach gehäutet. Vielleicht
kommt daher noch einmal eine Zeit, wo
man bei Stücken, die es erfordern, auch auf die
Bekleidung der Darsteller verzichtet V.S.
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 16.3.1943, Seite 2:
Karl Schönherr.
Wie wir eriahren. ist Karl Schönherr am 15. d. in
seiner Wiener Wohnung nach längerem Siechtum,
sechsundsiebzig Jahre alt, gestorben.
Die Nachricht, daß Karl Schönherr gestorben ist, kommt
nicht unerwartet. Schon seit längerer Zeit kränkelte er, und
es mag auf diese physische Ursache zurückzuführen sein, daß
er in seiner Schaffenskraft in den letzten Jahren so nachgelassen
hatte. Einst zählte Schönherr zu den fruchtbarsten
Dichtern Oesterreichs. Seine engere Heimat war Tirol, und so
hat er denn auch den vielen urwüchsigen Gestalten des schönen
Landes den Odem dichterischen Lebens eingehaucht. Für uns
verbindet sich mit dem Namen Schönherr das Charakterbild
eines tirolischen Dichters voll bluthafter Eigenart. Immer ist
es die Liebe zur Heimat, die seine Werke durchdringt, und es
sind die, Begriffe Erde und Volk, die sie kennzeichnen. Es
mag sein, daß ihm gerade das Leben in der Großstadt, fern
von seinem Zuhause, die Liebe zur Heimat erst so richtig
erweckte. Und dieses Heimweh schrieb er sich von der Seele,
indem er die Nordtiroler Berge oder das Passeier Tal im Geist
vor sich sah. Es war die schöpferische Kraft der Sehnsucht,
die ihm die Feder führte. Und weil er beides kannte, die
Stadt und das Land, so vermöchte er wie kaum ein andrer in
Werk und Wesen die einander sich fördernden Energien im
Wechselbild von Stadt und Land zu veranschaulichen.
In Axams bei Innsbruck, unweit von Speckbachers
Heimatsdorf, wurde Schönherr am 24. Februar 1867 geboren.
Seine Kindheit verbrachte er im Vintschgau, wohin seine
Familie ühergesiedelt war. Ein fröhliches, seliges Kinderleben
lebte er dort zusammen mit vier Geschwistern. Welch ein
Kontrast zu dem späteren dürftigen Zimmerherrendasein in
der Stadt! Dort bestand seine Welt aus Hörsaal, Krankenbett,
Anatomie. Dieser Unterschied zu dem Leben seiner Kindheit
mochte wahrlich imstande gewesen sein, Seelisches aufzurütteln.
Schönherr hat seinen Medizinerdoktor gemacht. Aber
schon hatte auch der Schriftsteller Schönherr seine ersten Erfolge
errungen. Bis 1905 war der Dichter noch als Arzt tätig,
dann wurde der Arzt Dichter. Er hatte den Beruf mit der Berufung
vertauscht, und dieser blieb er treu.
Schon in seinen jungen Jahren drängte es Schönherr zur
dichterischen Entfaltung seiner Gedankenwelt. Eine Fülle köstlicher
Gaben heiterer Art in Vers und Prosa findet sich in
seinem Erstlingswerk, das im Jahre 1895 in drei Sammlungen
erschien. Fast möchte man von einem Alpengarten duftender
Blumen sprechen. „Inntaler Schnalzer" hießen die zuerst
herausgegebenen Gedichte in Tirolet Mundart, es folgten
„Allerhand Kreuzköpf" — Geschichten und Gestalten aus den
Alpen —, und das dritte im Bund dieser Büchlein war „Tiroler
Marterln für abg'stürzte Bergkraxler". Schon in diesen kleinen
launigen Gedichten und kurzen, gleichfalls zumeist heiteren Geschichten
verriet sich der geborne Dramatiker. Wie lebendig
und wie von Kraft strotzend scheinen uns doch seine Tiroler
„Klacheln". Neben ihnen stehen die Rüppeln und Raufer, die
Säufer, die Spitzbuben und die Prahler. Manches saftige
Sprüchlein wurde diesen Burschen zuteil, die ein handfestes
Volk tirolischer Menschen darstellen. In aller Kraft und
Kernigkeit ist immer auch viel Herzlichkeit enthalten. Und in
mitten all des Uebermutes und der draufgängerischen Lustigkeit
finden wir immef auch ein feihes Körnchen Wehmut.
Es ist eine alte Wahrheit, daß sich das Leben der Kindheit
im späteren Leben aufs neue widerspiegelt. Bei einem
Dichter wird sich die Welt seiner Kindheit in seinen Werken
widerspiegeln. Die Gestalten, die Schönherr in seiner
Jugend sah, lebten später in seinen Werken abermals auf.
Seine Mutter, die es als Lehrerswitwe schwer gehabt hatte,
ihre fünf Kinder großzuziehen, war eine geborne Suitner,
Schönherr hat ihren Namen verherrlicht in einem seiner
prächtigsten Schauspiele; „Frau Suitner." Lang vorher schon
widmete er seiner Mutter, der es versagt geblieben war, den
Dichterruhm ihres Sohnes zu erleben, ein Gedichterl; „Mei
Muatterle hob'n s’ mer begrob'n, in der Eil und im Winter, im
Schnee..." Eine andre Gestalt aus seiner Jugend war der
Kreuzwirt von Schlanders. Er begegnet uns im „Judas von
Tirol". Und wahrscheinlich waren das Eishofbäuerl und das
Totenweiberle und der alte Gruz und die herbe Wirtschafterin
Mena auch persönlich Bekannte des Dichters.
Karl Schönherrs Dramen sind aus der naturalistischen
Sphäre erwachsen. Der Stoff triumphierte, er wurde zum Zweck.
Es wäre nun ein leichtes, von einer stofflich bedingten Sphäre
zu sprechen und damit die Kunst Schönherrs gewissermaßen zu
begrenzen. Aber Schönherr war daneben zu sehr Dichter im
ethischen Sinn, als daß er sich beengen hätte lassen, als daß
er sich zu sehr auf das rein Zweckmäßige dieser Richtung
festgelegt hätte. Es schwingt bei allem Naturalismus
und inmitten des Realismus auch ein rein Dichterisches immer
mit. Vor allem war Schönherr ein grandioser Dramatiker, ein
vollendeter Techniker. Zu seinen echtesten Dramen ist etwa
„Erde" zu zählen. In „Glaube und Heimat" oder in „Volk in
Not" kommt bereits etwas Stilisiertes hinzu, etwas, das man
das Holzschnittmäßige nennt. Man hat deshalb oft die Entwicklung
Schönherrs mit der eines andern großen Tirolers
verglichen, mit Egger-Lienz. Allein aus diesem Vergleich geht
freilich schon hervor, daß der erwähnte Hinweis auf das
Stilisiert-Holzschnittmäßige keinen Tadel bedeuten sollte, viel
mehr wollte man damit feststellen, daß sich auch bei Schönherr
eine Wandlung vom Individuellen zum Typischen vollzogen
habe. Was allein ein solches Typisches bei den Frauenqestalten
Schönherrs bedeutet, davon zeugen die schon erwähnte
„Frau Suitner" und dann der „Weibsteufel". Es ist
gerade dieser „Weibsteufel", der uns abermals an das eminent
große Können Schönherrs erinnert. Nur drei Personen stehen
auf der Bühne. Nur zwei Personen spielen in dem Drama „Es".
In der „Kindertragödie” begegnen wir wieder drei Personen.
Es gehört eine meisterhafte Technik dazu, mit solch einem
dürftigen Personenverzeichnis ein Stück zu füllen, und es ist
die Oekonomie, wie sie an altgriechische Tragödien erinnert,
die dies ermöglicht. Die Geschlossenheit und Dichtheit des
dramatischen Gefüges treffen wir dann auch noch bei Ibsen
an. Es ist sichtlich dessen Schule, durch die Schönherr gegangen ist.
Schönherr hat sich von Anfang an weit vom sogenannten
Bauerntheater entfernt. Er hat nicht für das Bauerntheater,
er hat für die Volksbühne geschrieben. Man muß in diesem Zusammenhang
an seine getreuesten Interpreten erinnern, an die
Exl-Leute. Sie waren es, die sich als erste um des Dichters
Werk angenommen hatten und die fähig waren, es zu vermitteln.
Schönherrs Dramen — wir nennen noch die „Bildschnitzer",
„Karrnerleut", „Herr Doktor, haben Sie zu essen ?", „Der Armendoktor"
und das letzte seiner Schauspiele, „Die Fahne weht" —
boten einer Schauspielergeneration, die mit ihm zugleich groß
geworden, dankbarste Aufgabe. Voreilige meinten vor einiger
Zeit, daß diese Generation nun aber bereits auf den Aussterbeetat
zu setzen sei. Es hat sich diese Ansicht, sehr bald als
unrichtig erwiesen. Vor kurzem begingen die Exl das vierzigjährige
Jubiläum des Bestandes ihrer Bühne. Da stand selbst
verständlich Karl Schönherr auf dem Programm. Man gab seine
„Erde". Und siehe da — die Wirkung war die gleiche, die
dieses Stück einst erzielt hatte, als Schönherr noch „modern"
war. Zu groß ist seine Kunst, zu vollendet seine Technik, als
daß seine Dramen sich so leicht entbehren ließen. Schönherr
ist gestorben, sein Werk lebt. G. von Stigier-Fuchs.
Völkischer Beobachter vom 21.3.1943, Seite 7:
Allen Verwandten, Freunden und
Bekannten geben wir die tiefbetrübende Nachricht von dem
Ableben unseres innigstgeliebten und
unvergeßlichen Gatten, bzw. Stiefvaters-, des Herrn
Dr. Karl Schönherr Ehrenbürger von Axams,
Ehrenmitglied der
Akademie der bildenden Künste in Wien,
Mitglied der Preußischen Akademie der Künste,
Besitzer der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft, Ritter des
Franz-Joseph-Ordens, Träger des Burgtheaterringes, des Ehrenringes
der Stadt Innsbruck und anderer hoher Auszeichnungen,
welcher Montag, den 15. März 1943,
um 14 Uhr 15 Minuten im 77. Lebensjahre nach langer, schwerer
Krankheit und Empfang der Sterbesakramente sanft entschlafen ist.
Die Beisetzung findet Dienstag, den 23. März 1943, um 15 Uhr
auf dem
Zentralfriedhof nach erfolgter Einsegnung
in der
Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche in einem Ehrengrabe der Stadt Wien statt.
Die Seelenmesse wird Mittwoch, den 24. März 1943, um 10 Uhr in der
Schottenkirche gelesen werden.
Malwine Schönherr, Wien, IX.,
Severingasse 5, Dr. Ludwig Chiavacci, Vinzenz und Stefanie Chiavacci,
Wien, VI., Amerlingstr. 19. Wien, den 16. März 1943.
Quelle: Dieser Text basiert auf dem Artikel
Karl_Schönherr aus der freien Enzyklopädie
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Bilder: www.nikles.net, Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 16.3.1943, Seite 2, Völkischer Beobachter vom 21.3.1943, Seite 7 und gemeinfrei.