Person - Caroline Hofschneider-Millöcker
Caroline Hofschneider-Millöcker, Sängerin unter dem Namen
Hofer (in anderen Quellen auch
Fräulein Hof)
am
Theater an der Wien,
Lebensgefährtin und möglicherweise auch Gattin von
Carl Millöcker,
* 21.10.1855 in Wien, † 07.12.1901, Bestattungsdatum: 09.12.1901, zuletzt wohnhaft: Wiener Straße Nr. 27.
In den Jahren 1891 bis 1899 verbrachte Caroline Hofschneider-Millöcker
mit ihren Lebensgefährten (und möglicherw. späteren Ehemann)
Carl Millöcker,
als "Köchin und Stubenmädchen" die Monate Mai bis Oktober, nahe der Weilburg in der Albrechtsgasse 6, in Baden bei Wien.
Andere Quellen berichten, dass sie nie geheiratet haben, so auch der Eintrag im Sterbebuch der Pfarre Liesing mit dem Vermerk "ledig" (siehe Foto unten).
Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 8.12.1901, Seite 3:
(
Carl Millöcker's Lebensgefährtin gestorben.)
In Liesing ist gestern Frau Caroline Hofschneider
gestorben, die länger als zwanzig Jahre an der Seite
des Componisten
Millöcker lebte, der von seiner
Gattin geschieden war. Die Letztere ist erst ein Jahr
vor dem Tode
Carl Millöcker's gestorben. Frau Hofschneider,
früher Sängerin am
Theater an der Wien,
war dem Künstler eine treue Gefährtin und insbesondere
in den letzten Jahren eine aufopfernde
Pflegerin.
Millöcker hat sie in seinem Testamente
bedacht, indem er ihr eine jährliche Rente von 4000 fl.
und seine sämmtlichen Tantiemen vermachte. Zu
Universalerben wurden verschiedene Wohlthätigkeitsanstalten
ernannt, zwischen denen bekanntlich noch
Prozesse über den Nachlaß anhängig sind.
Neues Wiener Journal vom 8.12.1901, Seite 10:
Die langjährige Freundin
Karl Millöcker's ist
gestern in
Liesing gestorben. Die ehemals schöne Frau
galt seit vielen Jahrn für die Gattin des Componisten.
Thatsächlich brachten es die Verhältnisse mit sich, daß
Millöcker nie
dazu kam, die langjährige Lebensgefährtin zu ehelichen.
Millöcker
lernte sie vor etwa einem Vierteljahrhundert kennen; sie war
damals unter dem Namen
Hofer ein bescheidenes Mitglied
des
Theaters an der Wien, verließ bald die Bühne, um
von nun ab die treue Freundin des Componisten zu sein. Erst
wenig Wochen vor dem Tode
Millöcker's starb seine ehelich
angetraute Frau. Und jetzt, wo er sich dazu stellte, die Verbindung
mit der Freundin legal gestalten zu lassen, raffte
ihn der Tod weg. Nur um zwei Jahre überlebte sie ihren
berühmten Lebensgenossen. Sie starb an den Folgen eines
Schlaganfalles. Die letzten zwei Jahre verbrachte sie, von
Millöcker reich versorgt, bei einer Nichte in
Liesing.
Schon vor vier Jahren hatte sie einen Schlaganfall erlitten, der
jedoch nicht besonders nachtheilige Folgen hatte. Bald nach dem
Tode
Millöcker's wiederholte sich der Schlaganfall und seither
siechte sie langsam dahin. Der Tod hat ihr nun Erlösung von
schwerem Leib gebracht. Frau Hofschneider — dies war der
bürgerliche Name der Verblichenen hat ein Alter von
53 Jahren erreicht.
Wiener Allgemeine Zeitung vom 31.7.1903, Seite 3:
(Das Grabdenkmal Millöckers.) Vor dem Bezirksgericht
Meidling wird heute über eine Ehrenbeleidigungsklage verhandelt,
welche die Kaufmannsfrau Emma Gärtner [Gärdtner, siehe auch
Rudolf Gärdtner jun.] in Liesing,
eine Tochter der langjährigen Freundin und Wirthschafterin
Millöckers, Karoline Hofschneider, gegen den Bildhauer
Joseph Tuch eingebracht hat. Die verstorbene Frau Karoline Hofschneider
hat für das Grab Millöckers auf dem
Centralfriedhofe
bei
Tuch ein Denkmal bestellt, für das ein Preis von
11,170 K. fixirt wurde. Nach der Fertigstellung des Werkes und
nach dem Tode der Frau Hofschneider behauptete
Tuch, er habe
die Sache etwas besser ausgeführt und verlangte einen um
1000 K. höheren Preis, der ihm auch anstandslos bezahlt wurde.
In einer Quittung vom 29. April 1902 erklärte sich
Tuch mit
dem erhaltenen Betrage von 12,170 K. vollständig befriedigt. Kurz
darauf stellte
Tuch aber weitere Ansprüche und bombardirte ebenso
wie seine Frau und sein Bruder das Ehepaar Gärtner [Gärdtner, siehe auch
Rudolf Gärdtner jun.] mit
Briefen und Correspondenzkarten, bis der Vertreter des Ehepaares,
Dr. Wilhelm Schneeberger, ihn in einem ausführlichen
Schreiben auf das Gefährliche seines Treibens aufmerksam
machte, weil einzelne Briefe einen bedrohenden Charakter hatten.
Nach einjährigem Stillschweigen richtete
Tuch am 5. Juli d. J.
an die Klägerin neuerlich eine offene Corresvondenzkarte folgenden
Wortlautes: „Nachdem ich höre, daß Sie überall die Behauptung
verbreiten, Sie hätten das Denkmal bereits bezahlt, bitte ich Sie,
die Lüge nicht mehr zu wiederholen, da Sie noch mein Geld in
Ihrer Tasche haben." Frau Emma Gärtner hat nun wegen dieser
Karte durch ihren Vertreter Dr. Schneeberger die Ehrenbeleidigungsklage überreicht.
Badener Zeitung vom 4.1.1930, Seite 1 und 2:
Millöckers letzte Tage.
Von Alfred Ehrmann.
Die dreiunddreißig Bände handschriftlicher
Partituren, welche das Museum der Stadt
Baden bei Wien als teures Vermächtnis bewahrt,
legen Zeugnis ab von dem Schaffen
des Musikers. Die in demselben Archive ruhenden
sechs dickleibigen Albums voll dicht beschriebener
Ansichtskarten erwecken beim ersten Anblick
die Hoffnung auf einige Auskünfte über den
Erdenwandel des Künstlers. Aber diese posthume
Post foppt, weil sie nie unternommene Reisen
ulkig vortäuscht. Daneben liegt in der Vitrine ersetzt,
die Totenmaske. Ihrem ernsten Schweigen hat
Hans Mauer noch einige Züge von diesseits
abgelauscht und den Kopf auf der Erinnerungstafel
am Sterbehause „sprechend" gemacht. Aus
lebendigem Munde aber vernehmen wir doch
am liebsten alle die kleinen Umstände, die, wenn
sie das Lebensende eines Bedeutenden begleiten,
an Bedeutung gewinnen.
Luise, die getreue Dienerin im Millöckerschen
Haushalt - sie war in den letzten sechs Jahren
die Köchin, ihre jüngere Schwester Johanna
das Stubenmädchen - erinnert sich an allerhand
kleine Züge, die ein aus anderen Quellen geschöpftes
Bild von der letzten Lebenszeit Karl
Millöckers eigentümlich beleben können.
Unmittelbar nach seinem letzten großen
Bühnenerfolge, dem des „Armen Jonathans",
war der Meister zum seither regelmäßigen
Sommeraufenthalte nach Baden gekommen.
Er war schon früher dagewesen. Paul Tausig
in seinen stets auskunftsbereiten „Berühmten
Besuchern Badens" weist für 1883 und 1884
den „Schwarzen Bock" nach, und in Briefen
an Direktor Alfred Schreiber versichert der
Komponist, daß der „Bettelstudent" teilweise
in Baden entstanden sei. Wäre dies mit der Tatsache
in Einklang zu bringen, daß die getreue
Lebensgefährtin seiner letzten zwanzig Jahre,
Karoline Hofschneider, unter dem Theaternamen
eines Fräuleins Hof damals an der
Badener Bühne engagiert war?
Mit ihr und Köchin und Stubenmädchen
übersiedelte Millöcker seit 1891 alljährlich aus
seiner Wiener Wohnung nach Baden, Albrechtsgasse 6.
Ein ehemaliges Hauerhäuschen, ebenerdig,
heute durch einen eleganten Neubau
nannte es nur seine „Hundehütte". Aber der
Garten dahinter war groß und der Hausherr
verschönerte ihn durch Specimina der tropischen
und Mediterranflora, die er aus
Schönbrunn
und
Laxenburg bezog. Außerdem gab es noch
liebe Nachbarschaft: seinen Jugendfreund, den
Beamten der Eskomptebank Josef Kerner, und
dessen Tochter Antonie, die „Tontschi", Adressatin
der erwähnten zweitausend Ansichtskarten.
Im Mai schlugen Millöckers ihre Sommerzelte
auf, im September oder Oktober brachen
sie sie wieder ab. Das genaue Datum bestimmten
die Nußbäume im Garten. „Wann die Nussen
reif werden" war des Hausherrn Sprüchlein
und der unabänderlich von ihm eingehaltene
Termin.
Die Tageseinteilung war auch in der Sommerfrische
eine sehr regelmäßige. Um sechs Uhr
bekam der Hausherr das Frühstück, erledigte
die Post und ging einige kleine Einkäufe und
Besorgungen machen. Dann fing die Arbeit an.
Der Komponist setzte sich nicht dazu, er spazierte
im Garten herum, kam von Zeit zu Zeit ins
Haus zurück, probierte einige Takte am Klavier
- in den Jahren des Badener Aufenthaltes
handelte es sich um „Glückskind", „Probekuß"
und „Nordlicht" - und eilte wieder hinaus,
um präambulierend dem musikalischen Gedanken
weiter nachzuhängen. Das Mittagessen war
früh, die Jause oft schon um 3 Uhr, besonders
wenn eine Ausfahrt nach Heiligenkreuz oder
einem anderen schönen Punkte der Umgebung
gemacht wurde. Manchmal wurden die Dienstmädchen
mitgenommen oder gar allein spazieren
geführt. Der Hausherr sorgte patriarchalisch
für die Seinen, sah gerne frohe Gesichter um
sich und nannte scherzweise die ältere der beiden
bei ihm bediensteten Schwestern einen „Ruach",
weil sie der jüngeren, dem „Niggl", zu wenig
Unterhaltung gönnen wolle. Er selbst unterhielt
sich mit etwas Hausmusik (Nachbar Kerner
spielte Violine) und ließ sich von Frl. Tontschi
im russischen Kegelspiel eine Menge Geld abgewinnen.
Niemals nahm er eine Mahlzeit
außer Haus, Gast- und Kaffeehäuser hat er
in Baden nicht besucht. Täglich um 9 Uhr abends
ging man bei Millöckers zu Bett.
Im September 1899 beschloß der Meister,
auch nach der „Nussenreife" nicht mehr in die
Stadt zurückzukehren, doch wollte er eine für
den Winteraufenthalt geeignetere, dem Bahnhof
näher gelegene Wohnung beziehen. Er fand
diese im zweiten Stock des Komarekschen Hauses,
Konrad von Hötzendorfplatz (damals Bahnhofplatz)
Nr. 8. Es waren dies drei Zimmer, zwei
Kabinette, Vorzimmer und Nebenräume, alles
groß, licht und luftig, das gartenseitige Zimmer
mit prachtvoller Aussicht aus den Anninger
und seine Vorberge; auch jetzt noch, wo der
Vordergrund schon stark verbaut ist, ein traulicher,
vom Lärm des Bahnverkehrs unbehelligter
Raum. Hier stand das Klavier, hier beschäftigte
sich der Komponist auf Wunsch des Theaterdirektors
Fritsch noch mit einer Umarbeitung
des „Nordlicht", die schon mit Hugo Wittmann
besprochen war.
Da er sich seit dem letzten Schlaganfalle
immer weniger sicher fühlte, ging er kaum mehr
aus. Er schlief in dem Erkerzimmer auf der
Seite des Hauses, welche heute die Tafel trägt.
Der Winter wurde ausnehmend kalt und schneereich.
Die Weihnachtsfeiertage waren einigermaßen
beeinträchtigt durch die plötzliche Abreise
der beiden Dienstmädchen nach Deutsch-Landsberg,
Steiermark, zum Begräbnis ihres Vaters,
eines Herrn Flößl, Schmelzmeisters in der
dortigen Messingfabrik.
Aber die Kerners halfen mit ihrer Köchin
aus und verbrachten den Hauptfeiertag bei
Millöckers. Am Stefanitag abends, durch die
Schneeverwehungen um einige Stunden verspätet,
kamen die Mädchen zurück, mit ungewöhnlich
freudiger Rührung vom Hausherrn empfangen.
Es wurde, wie jeden Abend, Speiszettel
gemacht. Millöcker, der seit kurzem einen recht
kapriziösen Appetit bekundete, hatte einen Gusto
auf Rebhühner. Und für den 28. Dezember
bestellte er versuchsweise ein bisher ungewöhnliches
Frühstück: Kümmelsuppe.
Um 6 Uhr am Morgen des 28. wurde ihm
das Frühstück zum Bett gebracht. Er schlürfte
die Einbrennsuppe mit Behagen und sagte,
dankbar aufblickend: „Luisi, bei der bleiben wir."
Diese Worte waren die letzten, welche der Meister
gesprochen hat. Die Pietät einer treuen Dienerin
hat sie aufbewahrt, mäkeln wir nicht an der
Banalität der Phrase! Als die Köchin nach zwei
Stunden vom Einkaufen zurückkam, wurde sie
von der Schwester, die ihr zitternd auf der Stiege
entgegenkam, mit der Nachricht empfangen,
es müsse dem Herrn etwas zugestoßen sein.
Millöcker lag im Bett mit schiefgezogenem Munde
und machte mit der linken Hand unablässig
Versuche, den bewegungslos gewordenen rechten
Arm aufzuheben. Die Hausfrau wurde geweckt
und eilte an das Bett. Der Kranke zog sie am
Ohrläppchen zu sich nieder und versuchte ihr
etwas zu sagen; aber die Sprechwerkzeuge
versagten den Dienst, es war nur ein Lallen,
was er hervorbrachte. Gemeindearzt Dr. Josef Delena
wurde geholt, man versuchte alles, um
die Lähmung zurückgehend zu machen. Aber
diesmal war der Streich entscheidend gewesen.
Noch bis zum 31. Dezember lebte der Patient,
aber er erkannte bald seine Nächsten nicht mehr.
Es war offenbar spasmodisch, daß er oft stundenlang
auf der Bettdecke oder auf dem Arm der
ihn pflegenden Person mit den Fingern der
gesunden Hand Klavier spielte. Um 5 Uhr früh
des letzten Tages im letzten Jahre seines Jahrhunderts
verschied der letzte Vertreter der Operette älterer Richtung.
Das Leichenbegängnis am 2. Jänner 1900
verwandelte die geräumige Stiegenanlage des
Trauerhauses durch alle Stockwerke hindurch
in einen Palmengarten und Lorbeerhain. Bürgermeister
Zöllner und Vizebürgermeister Reich
brachten die letzten Blumengrüße der Stadt
Baden,
Karl Lueger ließ sich durch Magistratsrat
Appel vertreten, Josephy, der erste „Ollendorf",
sprach im Trauerhaus, Pastor Fronius in der
Evangelischen Kirche, Hugo Wittmann nahm
am offenen Grabe vom Freunde und Mitarbeiter
Abschied. Er und Julius Bauer waren die
Hauptleidtragenden, denn mit dem Tode ihres
genialen Komponisten war auch die große Zeit
der beiden geschickten Librettisten vorbei.
Weiters im Grab bestattet:
Rudolf Gärdtner jun., * 13.01.1871, † 20.04.1939, Bestattungsdatum: 25.04.1939
Karoline Hofschneider-Millöcker, Sängerin am
Theater an der Wien, Gattin von
Carl Millöcker, * 21.10.1855, † 07.12.1901, Bestattungsdatum: 09.12.1901
Emma Gärdtner, Firma-Gesellschafterin, Tochter von
Carl Millöcker und Caroline Hofschneider, * 13.04.1872, † 30.08.1961, Bestattungsdatum: 04.09.1961
Rudolf Gärdtner, * 04.03.1894, † 16.03.1970, Bestattungsdatum: 25.03.1970
Karoline Heinrici, † 15.09.1988, Bestattungsdatum: 20.09.1988
Johannes (Andreas) Stanzel, * 02.06.1949, † 15.06.1999, Bestattungsdatum: 29.06.1999
Susanna Emma Heinrici, * 15.06.1924, † 19.04.2012, Bestattungsdatum: 03.05.2012
Die Grabstelle (auf Friedhofsdauer) befindet sich am
Friedhof Liesing (Gruppe: 8, Nummer: G5).
Quelle: Text: www.nikles.net, Bilder: www.nikles.net, Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 8.12.1901, Seite 3, Neues Wiener Journal vom 8.12.1901, Seite 10, Wiener Allgemeine Zeitung vom 31.7.1903, Seite 3, Badener Zeitung vom 4.1.1930, Seite 1 und 2,Matricula Online, Sterbebuch Liesing, 1. Januar 1899 bis 31. Dezember 1905, Seite 0123, Matricula Online, Sterbebuch Liesing, 1. Januar 1899 bis 31. Dezember 1905, Einband.