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Die Bundeshauptstadt

Person - Andreas Zelinka

Andreas Zelinka, Hof- und Gerichts-Advocat, * 23. Februar 1802 in Wischau, Mähren, † 21. November 1868 in Wien, Bestattungsdatum: 21.10.1897, war von 1861 bis 1868 Bürgermeister von Wien.

Leben: Andreas Zelinka besuchte das Gymnasium und Philosophicum in Brünn. Von 1821 bis 1825 studierte er Jus an der Universität Wien, 1829 promovierte er zum Dr. jur. Ab 1831 war Andreas Zelinka Sanitätskommissär, dann als Rechtsanwalt tätig. 1848 wurde er in den Wiener Gemeinderat gewählt, dessen Vizepräsident er 1849 wurde. 1850 erhielt er den Franz-Joseph-Orden. Von 1861 bis 1868 war er Bürgermeister von Wien, ab 1862 auch Abgeordneter zum Landtag von Niederösterreich und ab 1867 Mitglied des Herrenhauses. In seine Zeit fiel die Planung der I. Wiener Hochquellenwasserleitung, der Donauregulierung und des Wiener Zentralfriedhofs. 1865 wurde die Ringstraße teilweise eröffnet. Am 23. August 1863 eröffnete er das Kaiser-Geburtstagsfest, das erste Volksfest im Wiener Prater.

Sein Jahresgehalt von 12.000 Gulden gab er zur Gänze für Almosen und Spenden aus. Von den Wienern wurde er liebevoll Papa Zelinka genannt.

Sein Grab befindet sich am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14A, Nummer 16).

Posthume Ehrungen:
Im Jahr 1869 wurde in Wien Innere Stadt (1. Bezirk) die Zelinkagasse nach ihm benannt.
Im Wiener Stadtpark wurde ihm zu Ehren das vom Bildhauer Franz Pönninger gestaltete Andreas Zelinka Denkmal in Form einer klassizistischen Bronzebüste errichtet.

Neue Freie Presse vom 23.11.1868, Seite 1 und 2: Bürgermeister Dr. Andreas Zeliuka. Wien, die Reichshauptstadt, hat einen schmerzlichen Ver­lust zu beklagen. Bürgermeister Dr. Andreas Zelinka, am 31. October ohne irgend eine wesentliche äußere Veranlassung an einer Lungenentzündung erkrankt, erlag Samstag derselben nach schmerzlichen Leiden. Vor wenigen Wochen noch im Vollgenusse seiner Gesundheit stehend, seine Pflichten als Mitglied des Herrenhauses wie als Vorstand der ersten Com­mune des Reiches eifrig erfüllend, traf ihn neuerdings ein Leiden, welches schon im Jahre 1864 sein Leben schwer bedroht hatte. Wiewol man in den letzten Tagen sich der freudigen Hoffnung auf eine dauernde Besserung seiner Krankheit hingab, so reichte doch seine Kraft nicht mehr aus, um die heftig auf­tretende Krankheit zu besiegen; es war ihm nicht mehr beschieden, im Kreise seiner Freunde ein so schönes Fest der Gene­sung wie vor vier Jahren zu feiern, sondern nach kaum einem Jahre folgte er seiner Frau ins Grab, deren Tod eine unersetzt gebliebene Lücke in seinem Leben hervorgebracht hatte. Schwer ist sein Verlust in einer Zeit, in der die Lösung so großartiger Auf­gaben für Wien herantritt, in einer Zeit, worin ein Mann von populärer Geltung in die Wagschale fällt und der Verein so vorzüglicher Bürgertugenden, wie sie der Dahingeschiedene besaß, dem Vaterlande nnd seiner zweiten Vaterstadt noch große Dienste zu leisten versprach. Sein loyaler, aber auch unab­hängiger Charakter, seine Vaterlandsliebe und seine freisinnige Haltung, seine strenge Rechtlichkeit und Gewissenhaftigkeit, seine unerschöpfliche Herzensgüte, welche er in ernsten Tagen be­wahrt, erwarben ihm in allen Kreisen der Bevölkerung hohe Achtung und lebhafte Sympathien.

Andreas Zelinka, der Sohn des Oberamtmannes der Herrschaft Wischau, wurde im Jahre 1802 zu Wischau in Mähren geboren. Nachdem er zu Brünn und Olmütz die Gymnasial- und philosophischen Studien zurückgelegt, ging er nach Wien, absolvirte hier, mit Sorgen und Entbehrungen für seine Existenz kämpfend, zwischen den Jahren 1820) und 1826 die juridischen Studien und betrat hierauf noch vor dem im Jahre 1828 erlangten Diplome eines Doctors der Rechte die juristische Praxis. Durch Geschicklichkeit in der Behandlung von Fragen, welche die Patrimonial-Verhältnisse berührten, wußte er sich so rasch Geltung zu verschaffen, daß er bereits im Jahre 1827 die Stelle eines Justizverwalters der Herrschaften Konradswörth (Starhemberg'sches Freihaus), der gräf­lich Taasse'schen Herrschaft Liesing, im Jahre 1833 jene eines politischen Verwalters der erwähnten Herrschaft und später auch jene eines Oberbeamten der Herrschaft Hetzendorf ein­nahm. In dieser Eigenschaft legte er durch seine vielfältige Berührung mit allen Behörden und die Verschiedenartigkeit der Geschäfte den Grund zu seiner späteren ausgebreiteten Kenntniß der Localverhältnisse Wiens. Auf Anempfehlung des Grafen Taasse im Jahre 1832 zum Hof- und Gerichts-Advocaten und im Jahre 1835 zum Wechselnotar ernannt, hatte er in fachmännischen Kreisen einen vorzüglichen Ruf durch seine Gesetzeskenntnisse und seine scharfe juristische Denkweise — in weiteren Kreisen dagegen durch seinen achtungswerthen Charakter als Rechtsanwalt, durch seinen ausdauernden Eifer volles Vertrauen. So geschah es, daß er mit allen Kreisen der Bevölkerung — dem höchsten Adel und den Bürgern — in enge, vielseitige Berührung trat und deren Verhältnisse und Bedürfnisse genau zu erforschen vermochte. Sein lebhaftes Interesse an industriellen und gemeinnützigen Unternehmungen stellte ihn im Jahre 1843 in die Reihe der Directoren der Nordbahn und in den Ausschuß der wechselseitigen Renten- und Lebensversicherungs-Anstalt. Erst im Jahre 1845 gab er seine Stellung als politischer Beamter der Herrschaft Kon­radswörth und Hetzendorf vollständig auf und widmete sich ausschließend der Advocatie.

Die Bewegung des Jahres 1848 führte auch Dr. Zelinka in das öffentliche Leben ein. Ohne unmittelbar an den poli­tischen Ereignissen sich zu betheiligen, verfolgte er mehr beobachtend als activ auftretend die freiheitlichen Bestrebungen mit großer Theilnahme. Zunächst machte er seine administrativen Erfahrungen und sein praktisches Wissen im Dienste der frei ge­wordenen Gemeinde geltend. Er wurde im September 1848 von den Wählern des Kärntnerviertels in den Gemeinde-Ausschuß gewählt und hatte darin bereits in den Octobertagen Gelegenheit, seinen Einfluß gegenüber gefährlichen und über­stürzten Beschlüssen geltend zu machen. In der nun folgenden Periode bis zur Auslösung des Gemeinde-Ausschusses im No­vember 1850 nahm er an allen hervorragenden politischen und administrativen Fragen großen Antheil. Er gehörte jenem Kreise von Gemeinderäthen an, welche beschlossen hatten, unter dem Drucke des Belagerungszustandes die Rechte der Gemeinde zu wahren, die Bevölkeruug vor Bedrückungen der Militär-Behörden zu schützen und den Bürgern das vielfach gefährdete Recht dcr Gemeindevertretung zn sichern. Mit Muth und Ueberzeugungstreue trat er in den Verhandlungen unge­rechten Forderungen der Militär-Organe entgegen und suchte namentlich die Gemeinde gegen die ihr aufgebürdete Entschädi­gung aller dnrch die October-Ereignisse verursachten Schäden zu schützen. Ebenso drang er auf das baldige Inslebentreten einer neuen Gemeinde-Ordnung, war im Jahre 1849 Mitglied der Commission für die Feststellung eines Entwurfes und drang auf die Durchführung des Grundsatzes der Interessen-Vertre­tung. Auf seinen Antrag wurde auch in die Wahlordnung der Modus dcr Wahlkörper aufgenommen. Als das neue Gemeindegesetz vom März 1850 ins Leben trat und in Folge dessen die Wirksamkeit des Gemeinde-Ansschusses beendet war, erhielt Zelinka gleichzeitig mit mehreren anderen Gemeinde­räthen als Anerkennung für seine aufopfernde Thätigkeit das Ritterkreuz dcs Franz-JoseplS Ordens.

Sein entschiedenes, mannhaftes Auftreten in allen die Gemeinde-Interessen berührenden Fragen, seine ausdauernde, an­gestrengte Thätigkeit hatte Zelinka schon im Gemeinde Aus­schüsse zu so bedeutendem Ansehen gebracht, daß er an der Stelle Stubenrauch's mit der Würde eines Vice-Präsidenten bekleidet wurde. Bei den Neuwahlen im Herbst 1850 wurde er auch mit großer Majorität neuerdings in den Gemeinderath gewählt und von seinen Freunden für den Posten eines Bürgermeisters in Aussicht genommen. Die Wahl fiel jedoch nach hartem Kampfe auf den früheren Präsidenten des Ge­meinderathes, Dr. Seiller, worauf Dr. Zelinka nahezu einstimmig die Stelle eines ersten Vice-Präsidentcn erhielt. Das Wirken Dr. Zelinka's in der Zeit vom Jahre l85l bis 1860 war für die Gemeinde von großer administrativer Bedeutung. Es kam eine Zeit, wo die Regierung die der Ge­meinde kaum gewährte gesetzliche Autonomie wiederholt in wichtigen Fragen zu beschränken suchte. An der Spitze des Ministeriums stand ein Mann, der seine liberalen Grundsätze dem Ehrgeize und der Machtbegierde geopfert, an der Spitze des Landes ein Bureaukrat als Statthalter, der verächtlich auf die Leistungen des jungen, erst in der Entwicklung begriffenen Gemeindewesens herabblickte und mit rauher Hand die schwachen Keime zu tödten geneigt war, und mit der Leitung der Polizei war jener Mann betraut, dessen Verfolgungssucht bis in das innerste Familienleben drang, und der eine Gefahr für den Staat darin erblickte, wenn die Gemeinde ihre Feuerspritzen gebrauchte, ohne die Polizei gefragt zu haben. Die Zeit vom Jahre 1852 bis 1957 war ein steter Kampf zwischen der Regierung und der Gemeinde, und in diesem Kampfe stand Zelinka mit großer Entschiedenheit und einem unerschütterlichen Rechtsgefühle stets auf dem Boden des Gemeindegesetzes vom Jahre 1850. Von diesem Standpunkte aus behandelte er die wichtigsten finanziellen Fragen, die verwickeltsten streitigen Angelegenheiten, und sein Verdienst ist es, daß die Gemeinde erreichte, was eben damals zu erreichen möglich war. Schon damals förderte und begrüßte Zelinka alle Schritte, welche der Stadt einen erhöhten Aufschwung, den städtischen Anstalten eine der Würde und Intelligenz der Bewohner, den Fortschritten der Neuzeit entsprechende Ver­besserung verschafften. An den Fragen einer besseren Wasser­versorgung, der Erweiterung der Stadt, der Reform der Volks­schulen, der communalen Wohlthätigkeits-Anstalten und der Umgestaltung des Marktwesens, welche schon Anfangs der 1850er Jahre Gegenstand der Diskussion waren, nahm Dr. Zelinka lebhaften Antheil und er war es auch, welcher die Durchführung der Stadterweiterung durch die Commune und die Eigenthums-Ansprüche der Stadt auf die Basteigründe und die Glacis zur Geltung zu bringen bemüht war. Als Obmann der Finanzsection hielt er im Vereine mit anderen Gemeinderäthen an einer strengen Oekonomie des städtischen Haushaltes fest. Noch wollen wir aus diesem Zeitraume er­wähnen, daß er durch den Ausbau der Giebel am St. Stephansdome den Anstoß zur Restauration dieses Bauwerks gab und überhaupt eine seltene Pietät für alle hervorragenden Momente in der Geschichte Wiens besaß.

Als im Jahre 1861 ein neuer Völkerfrühling in Oester­reich herangebrochen, vor Allem die alten Gemeinde-Vertretungen aufgelöst und noch vor Publication der Februar-Verfassung Neuwahlen ausgeschrieben wurden, trat auch in Wien nach einer ungemein lebhaften Wahlbewegung ein neuer Gemeinde­rath zusammen. Nur wenigen Mitgliedern des alten Ge­meinderathes gelang ee, in die Versammlung gewählt zu werden; unter diesen befand sich Dr. Zelinka. Andere Auf­gaben hatte zunächst der neue Gemeinderath zu lösen. An diesen stellte man in liberalen Kreisen die berechtigte Forderung, eine feste Stütze der Verfassungspartei zu bilden, in allen politischen Fragen anderen Communen durch eine freisinnige Haltung mit gutem Beispiele voranzugehen und die Stellung und Bedeutung Wiens auch in administrativen Fragen von einem weiteren Gesichtskreise aufzufassen. War es ja nicht der geringste gegen den alten Gemeinderath erhobene Vorwurf, daß er sich zum Werkzeuge absolutistischer Gewaltmaßregeln her­gegeben, nie mit einem Worte muthvoll die innere Politik Bach's bekämpft hatte und den Schutt veralteter Gemeinde-Institutionen fortbestehen ließ.

Zunächst drehte sich im neuen Gemeinderathe der Kampf um die Person des künftigen Bürgermeisters. Anfangs hatte Zelinka geringe Aussicht, zu diesem Posten berufen zu werden. Wiewol er sich in die Reihen der Verfassungspartei gestellt, so nahm man doch Anstoß, weil er in politischen Fragen keine hervorragende Stellung eingenommen und seine eigenartige Per­sönlichkeit, seine rauhe Außenseite, wie überhaupt seine ganze unbedeutende Erscheinung kein Vertrauen einflößte, daß er den Posten eines konstitutionellen, der Würde und Repräsentanz der Hauptstadt genügenden Bürgermeisters auszufüllen im Stande sein werde. Im entscheidenden Augenblicke hielt man es aber doch für bedenklich, einen Mann an die Spitze der ersten Commune des Reiches zu stellen, welcher keine admini­strative Routine, keine genaue Kenntniß der Localverhältnisse besaß. Damit stiegen auch die Chancen für Zelinka's Wahl, und da im neuen Gemeinderathe kaum eine Persönlichkeit vor­handen war, welche sich mit diesem zu messen vermocht hatte, so geschah es, daß am 16. Juni 1861 Dr. Zelinka als Bürgermeister aus der Wahlurne hervorging. Besonders be­friedigt über dieses Ergebniß war weder der Gemeinderath selbst, noch die Bevölkerung; man betrachtete die Wahl als eine unvermeidlich gewesene Nothwendigkeit; warme, aufrich­tige Sympathien kamen Zelinka bei seinem ersten Auftreten nicht entgegen. Bürgermeister Dr. Zelinka mag diese Erscheinung nicht entgangen sein, und sie trug vielleicht nicht wenig dazu bei, daß er aus seiner Persönlichkeit heraustrat und nun seine volle Kraft einsetzte, sich das ungetheilte Vertrauen in allen Kreisen zu erwerben. Gegenüber dem Gemeinderathe nahm er eine Stellung ein, welche ihm rasch die aufrichtige Zuneigung der einflußreichsten Mitglieder erwarb. Sorgfältig vermied er es, dessen Wirkungskreis zu schmälern; mit haarscharfer Ge­wissenhaftigkeit betrachtete er sich nur als Vollstrecker der Be­schlüsse, ohne den Druck seines Einflusses oder seiner Macht­befugnisse in Anwendung zu bringen. Mit möglichster Unpar­teilichkeit suchte er allen Parteien gerecht zu werden. Wiewol er dem Centrum und der Rechten seine Berufung verdankte, so vermied er es doch, sein Amt als Parteimann zu führen, sondern stellte sich auch in manchen Fragen auf den Stand­punkt der Linken, wenn diese eine — nach seiner Anschauung gerechtere und zweckmäßigere Lösung anstrebte. In seinem mit­telbaren oder unmittelbaren Verkehre mit der Bevölkerung be­wies er große Freundlichkeit, eine sorgfältige Beachtung aller zu seiner Kenntniß gelangenden Wünsche und Beschwerden und namentlich gegenüber den Armen eine unerschöpfliche Her­zensgüte. Aber auch seine Haltung nach Oben hin zeigte, daß er mit klarem Verstände und richtigem Tacte die Ver­hältnisse erfaßte. So anhänglich und treu er dem Kaiser und seiner constitutionellen Regierung war, bewahrte er doch die volle Unabhängigkeit des Charakters und war sich stets bewußt seiner Pflichten gegen die Bürgerschaft. Sein Frei­muth und seine Entschiedenheit aus der Kriegszeit 1866 bleibt ihm unvergessen und hat unter allen Parteien seinem Ansehen Bahn gebrochen.

Mit unermüdeter Thätigkeit griff er ein in die großen Unternehmungen der Gemeinde, in deren Bestrebungen zur Hebung der Bildung, zur Verbesserung des Gesundheitsstandes der Bevölkerung, zur Verschönerung und großartigen Entwick­lung der Stadt. Es waren für ihn Tage der reinsten Freude, als die Ringstraße vollendet, der Stadtpark eröffnet, den ar­men Waisen und Armen neue Asyle erbaut, die Schulen ver­mehrt wurden. Wie sehnsüchtig sah er dem Zeitpunkte ent­gegen, in dem der erste Spatenstich zum Baue der neuen Wasserleitung gemacht werden konnte? Ueberzeugt, daß nur auf dem Boden der Freiheit das Reich wieder zu neuer Blüthe sich emporschwingen könne, die Zukunft Wiens gesichert war, hielt er unerschütterlich an der Februar-Verfassung fest und beklagte deßhalb auch tief die Sistirung der Verfassung. Sein patriotisches Herz empfand schwer das Unglück von Königgrätz. Als in diesen traurigen Tagen Wien die schreckliche Gefahr einer feindlichen Besetzung bedrohte, die Leidenschaften in der Gemeindevertretung hoch wogten und überstürzte Beschlüsse zu besorgen standen, eilte Dr. Zelinka an der Spitze einer Deputation zum Kaiser, um diesem die ernste Lage des Reiches und seiner Hauptstadt in freimüthigen Worten vor Augen zu halten, gegen die Fortsetzung des Krieges und die Beibehaltung des Ministeriums eindringlich zn sprechen und zu bitten die Loyalität und Treue der Bürger Wiens nicht aus die schwerste Probe zu stellen. In dieser bedrängten Situation hatte der Bürgermeister einen politischen Muth, sein Pflichtgefühl glänzend bewährt; sie gaben ihm gerechten Anspruch auf die Dankbarkeit der Bürger.

Die Debatte vom 19.9.1867, Seite 3: [† Monika Zelinka.] Dr. Andreas Zelinka, k. k. Hof- und Gerichtsadvokat, Bürgermeister der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, gibt Nachricht von dem ihm auf das Tiefste betrübenden Hinschei­den seiner innigst geliebten Gattin, der Frau Monika Zelinka, gebornen Schönbichler, welche in Mödling am 16. September um 11 Uhr Nachts, versehen mit den beiligen Sterbesakramenten, im 61 Jahre ihres Lebens nach langwierigem und schmerzlichen Leiden selig in dem Herrn entschlafen ist. Die irdische Hülle der Verblichenen wird Don­nerstag um halb 4 Uhr Nachmittags in der Pfarr­kirche zu St. Othmar in Mödling feierlich einge­segnet und sodann nach dem Wunsche der Verstor­benen auf dem Wiener Friedhofe vor der Hundsthurmer Linie im eigenen Grabe zur Ruhe bestattet werden. Die heiligen Seelenmessen werden Freitag den 20. d. M. um 10 Uhr Vormittags zu Wien in der Pfarrkirche zu St. Othmar in Mödling gelesen werden.

Morgen-Post vom 20.9.1867, Seite 2: Das Begräbniß der Frau Monika Zelinka. Eine der edelsten Frauen Wiens, eine stille Wohlthäterin so vieler Armen, ist gestern unter ungewöhnlich grosser Theilnahme zur ewigen Ruhr bestattet worden. Die Gemalin unseres verehrten Herrn Bürgermeisters hätte vermöge der Stellung ihres Gatten und ihres Reichthumes eine hervorragend glänzende Rolle in der Residenz spielen können, aber sie zog es vor, im engeren Kreise zurückgezogen zu leben und nur mit dem Herzen der großen Welt anzugehören, wo sie die Armuth in der Hütte aufsuchte und den Verzweifelnden Trost und Hilfe brachte. Unter den Tausenden, welche gestern auf dem Friedhofe vor der Matzleinsdorfer Linie der Leichenfeier beiwohnten, gab es Viele, in deren Augen Thränen der aufrichtigsten Trauer perlten, Thränen, die für eine Mut­ter der Nothleidenden flossen. In Mödling in der Villa des Herrn Burgermeisters lag die verehrte Todte in einem mit vierundzwanzig Kerzen erhellten Trauergemach, im prachtvollen Metallsarge, unter einem Baldachin aufgebahrt. Als wir gestern Nachmittags daselbst erschienen, fanden wir den Sarg bereits geschlossen, die Gemächer des Hauses und den Hofraum mit Trauergästen erfüllt. Unter diesen bemerkten wir die Vertreter der Eisenbahngesellschaften, für die Westbahn. Se. Exzellenz den Herrn Grafen Wickenburg, die Direktoren und Beamten der Nordbahn, bei welcher Herr Dr. Zelinka ebenfalls die Stelle eines Direktors bekleidet. Zahlreich waren die Mitglieder des Gemeinderathes mit dem Herrn Bürgermeister-Stellvertreter Dr. Felder erschienen, ebenso die städtischen Be­amten, wovon zwölf mit Florschärpen bestimmt waren, neben dem Trauerwagen Fackeln zu tragen. Innige Theilnahme erregte das Aussehen des Herrn Bürgermeisters, der punkt halb 4 Uhr in Begleitung seines Neffen und des Herrn Dr. Felder aus dem Hause wankte und tief ergriffen zum Leichenwagen trat, worauf der Zug sich in Bewegung setzte. Ohne Musik, aber nichts destoweniger feierlich bewegte sich der Kondukt zur Pfarrkirche, die im Inneren mit Fahnen und Blumen reich geschmückt war. Wie wir schon gestern gemeldet, hatte die Entreprise des pompes funébres die Bestattung ohne überflüssiges Gepränge zu besorgen und sie entledigte sich dieser Aufgabe in einer Weise, die allgemein befriedigte. Die Bewohner von Mödling bewundertcn den prachtvollen Todtenwagen und die schön gekleideten Diener, überhaupt das ganze Arrangement, welches zur Erbauung stimmte. Die Einsegnung fand unter den ergreifenden Tönen eines mit Instrumental-Begleitung vorgetragenen Choralgesanges statt. Nach der Einsegnung nahm der Leichenzug den Weg zur Eisenbahn, wo ein Separatzug den Sarg und die Leidtragenden aufnahm. Um halb 5 Uhr langte derselbe aus der Station Matzleinsdorf an, von wo aus bis zum Hundsthurmer Friedhof eine grosse Volksmenge Spalier bildete.

Die Entreprise des pompes funébres hielt hier einen zweiten vierspannigen Todtenwagen und überdies für den Herrn Bürgermeister einen prachtvollen, mit zwei Rappen bespannten Trauerwagen in Bereitschaft. Der Kutscher und die zwei Diener mit schwarzen Degen waren in eine geschmackvolle Trauerlivrée gekleidet. In diesem Wagen fuhr der Herr Bürgermeister vom Bahnhof zum Friedhof. Daselbst hatte der Gemeinderath Herr Nikola ein sehr sinnreiches Arrangement getroffen. An der Friedhofspforte standen die städtischen Waisenhauskinder mit der umflorten Fahne und bis zum Grabe bildeten die Männer des Feuerwehrkorps und die städtischen Scardiener Spalier. Das einfache Grab, das Frau Monika Zelinka als die Ruhestätte ihrer Mutter auch für sich erwählt, war mit Blumengewinden und exotischen Gewächsen lieblich umrankt.

Auf dem Grabsteine stehen die Worte: Theresia Schönbichler, geborne Marian. Geboren am 22. September 1784. Gestorben am 7. Juni 1854. Frau Schönbichler war eine der geistreichsten Frauen Wiens und als Wohlthäterin ebenso geliebt wie ihre Tochter. Beide sind nun wieder vereint. Friede ihrer Asche.

Die Leichenfeier auf dem Friedhof war tief ergreifend. Die Waisenkinder eröffneten den Leichenzug, ihnen folgten die Leidtragenden und nach diesen kam der Sarg, von dreißig Dienern der Entreprise des pompes funébres theils getragen, theils mit Fackeln begleitet. Hinter dem Sarge schritt die Geistlichkeit, Herr Pfarrer Zeinlhofer von Margarethen und noch vier Priester. Der Herr Bürgermeister ging nach diesen, auf die ihn begleitenden Herren gestützt, mühsam kämpfend, um seinen Schmerz zu unterdrücken. Vor dem Grabe war ein Raum frei gehalten, wo die Mit­glieder des Mannergesangsvereines standen. Diesen gegenüber stellten sich die Waisenkinder auf und in der Mitte wurde der mit Kränzen reich bedeckte Sarg niedergesetzt. Sodann stimmten die Sänger den Trauerchor: „Am Grabe" von Graun an, worauf die Einsegnung erfolgte. Ein erschütternder Moment war es, als nun das Bahrtuch vom Sarge genommen, dieser zum Grabe getragen und in die Erde versenkt wurde. Die Sänger ließen das herrliche Lied: „Die letzte Treue" von A. M. Storch ertönen. In manches Mannerauge traten in diesem Augenblicke Thränen und der Herr Bürgermeister? — Länger konnte er seine Empfindung des tiefsten Herzeleides nicht bemeistern. Die Augen mit beiden Händen bedeckend, wandte er sich vom Grabe seiner treuen Lebensgefährtin hinweg und ein rührendes Schluchzen wurde laut, ein Seufzer des tiefsten Schmerzes entwand sich sei­ner Brust.

Mit dem Vertheilen von Bouqets an die Sänger nahm die Leichenfeier ein Ende, die nach dem einfachen Sinne der theuren Todten prunklos war, aber einen desto tieferen Eindruck auf die Trauergäste gemacht hat.

Wiener Zeitung vom 17.2.1897, Seite 5: (Ehrengrab.) Der Wiener Stadtrath hat in seiner heutigen Sitzung über Antrag des Herrn Vicebürgermeisters Dr. Neumayer beschlossen, für die Bei­setzung der Leichenreste des ehemaligen Bürgermeisters Dr. Andreas Zelinka und seiner Gattin Monica ein Ehrengrab auf dem Centralfriedhofe zu widmen.

Reichspost vom 23.10.1897, Seite 4: Wiederbestattung des Bürgermeisters Dr. Zelinka. Gestern Vormittags fand die Exhumirung der Leiche des am 2. November 1868 verstorbenen Bürgermeisters der Stadt Wien, Dr. Andreas Zelinka, sowie seiner Gattin Monika und deren Ueberführung in das vom Gemeinderathe gewidmete Ehrengrab auf dem Centralfriedhofe statt. Vor 9 Uhr hatten sich die beiden Neffen des Verewigten, k. k. Notar Dr. Theodor Zelinka und Rechtsanwalt Alois Leo Fenz mit ihren Gattinnen, der Bezirksvorsteher Schwarz von Margarethen, dessen Stellvertreter Palissa, Bezirksausschuß Kalous, Stadtphysikus Stellvertreter Dr. Löffler u. A. am Hundsthurmer Friedhofe ein­gefunden. Nach Eröffnung der Gruft wurden die Särge gehoben und die Gebeine Dr. Zelinka's und seiner Gattin in einen Metallsarg gebettet, dieser hierauf ge­schlossen, auf einen beigestellten Galaleichenwagen gehoben, mit Kränzen geschmückt und auf den Centralfriedhof überführt. Dortselbst hatten sich vor Eintreffen des Leichenzuges versammelt: Bürgermeister Dr. Lueger, Vicebürgermeistcr Strobach; die Stadträthe Schuh, Braun, Weitmann, Wessely und Rissaweg; die Gemeindcräthe Zifferer, Obrist; die Bezirksvorsteher Weidinger (Neubau), Hirsch (Simmering); Magistratsdirector Tachau, Oberbuchhalter Nelböck u. A. Ge­meinderath Vogler hatte sich krankheitshalber ent­schuldigt. Als der Leichenzug an dem Portale des Centralfriedhofes hielt, wurde der Sarg abgehoben und die sämmtlichen Anwesenden, mit Dr. Lueger an der Spitze, geleiteten den Sarg zum Ehrengrabe, das sich an jenes des k. k. Hofopern-Kapellmeisters Ludwig Rotter anreiht. Hier wurden die sterblichen Ueberreste eingesegnet und sodann in die Erde versenkt. Bürger­meister Dr. Lueger trat hierauf an das Grab und hielt ungefähr folgende Rede: Hochgeehrte Kollegen! Sehr geehrte Frauen und Herren! Ich verdanke es nur der Verständigung seitens des Herrn Bezirksvorstehers Schwarz, daß am heutigen Tage eine Feier stattfindet, an welcher nach meiner innersten Ueberzeugung gewiß die gesammte Bevölkerung Wiens theilgenommen hätte, wenn dieselbe rechtzeitig bekannt geworden wäre. Klein ist die Zahl Derjenigen, welche sich hier um das Grab schaaren, welches die Gebeine eines unvergeßlichen Bürgermeisters umschließen wird. Dr. Andreas Zelinka war der erste Mann, welcher in der constitutionellen Aera als Bürgermeister der Stadt Wien gewählt worden ist. Er war ein Bürgermeister, welcher von Allen geliebt und verehrt worden ist, welchem die Stadt Wien Vieles zu danken hat und der auch von der Bevölkerung nicht vergessen ist. Er liegt nun hier begraben. Bürgermeister Zelinka war ein Ehrenmann, ihm gebührt daher auch ein Ehrengrab im vollsten Maße. Die Stadt Wien ist spät daran gegangen, dem verewigten Bürgermeister Dr. Zelinka eine Dankesschuld abzutragen, eine Schuld, die schon viel zu lange angestanden ist. Wir geloben am Grabe Zelinka's, seiner stets dankbar zu gedenken. Er ruhe in Frieden! Notar Dr. Zelinka dankte dem Bürgermeister, dem Stadt- und Gemeinderathe für die Widmung des Ehrengrabes und die Theilnahme an der heutigen Leichenfeier und erklärte, daß erst im nächsten Frühjahr ein Denkmal aus dem Grabe errichtet werde, nachdem die vorgeschrittene Jahreszeit eine sofortige Herstellung desselben nicht mehr zulasse.

Weiters im Grab bestattet:
Monika Zelinka, geb. Schönbichler, * 26.10.1806, † 16.09.1867, Bestattungsdatum: 21.10.1897

Quelle: Dieser Text basiert auf dem Artikel Andreas_Zelinka aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 4.0 (Text erweitert). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. Bilder: www.nikles.net, Neue Freie Presse vom 23.11.1868, Seite 1 und 2, Die Debatte vom 19.9.1867, Seite 3, Morgen-Post vom 20.9.1867, Seite 2, Wiener Zeitung vom 17.2.1897, Seite 5, Reichspost vom 23.10.1897, Seite 4 und gemeinfrei.



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