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Die Bundeshauptstadt

Märchen aus Wien - Wiegand, der Bettelstudent

Einer der unglücklichsten Fürsten aus dem Hause Habsburg war Kaiser Friedrich der Schöne, der Sohn Kaiser Albrechts I., der Enkel Rudolfs. Neben ihm wurde der Herzog Ludwig von Bayern ebenfalls zum deutschen Kaiser gewählt, und mit diesem musste Friedrich der Schöne um die Kaiserkrone ringen. In der Schlacht bei Mühldorf - 28. September 1352 - wurde Friedrich besiegt und gefangen genommen, und endlich verzichtete er auf die Kaiserkrone zugunsten des Bayernherzogs. Seine Gemahlin hatte sich um ihn blind geweint, und er verbrachte sein Leben in Trauer und Einsamkeit. Gott wohlgefällige Werke zu üben, war fortan die Aufgabe seines Lebens. Er ist der Erbauer eines der schönsten Gotteshäuser Wiens, der Augustinerkirche. Einer seiner vier Brüder war Otto der Fröhliche, das gerade Gegenteil von ihm; glücklich und zufrieden, immer heiter, war er ein besonderer Freund guter Einfälle und harmloser Schwänke. Wo er sich nur in Wien zeigte, wurde er von den Wienern mit herzlichster Freude laut begrüßt. Sein Empfangszimmer in der Hofburg war von Bittstellern aller Art immer dicht gefüllt und auch von Leuten, die ihm mitunter die absonderlichsten Geschenke brachten. Sie wussten wohl, dass sie von dem freigebigen Herzoge nicht ohne Gegengeschenk fortgingen.

Da kam eines Tages auch ein junger Mensch, sehr ärmlich gekleidet, zu dem Herzoge mit einem riesigen Fische und bat ihn, denselben als Geschenk gnädigst anzunehmen. Der Fisch war wegen seiner seltenen Größe wirklich etwas Besonderes, und der Herzog nahm ihn lachend an. "Wer bist du, und woher kommst du?" fragte Otto den jungen Menschen. "Ich bin ein Student, heiße Wiegand und komme aus Theben. Ich wohne dort bei einem Fischer, der mir diesen großen Fisch schenkte. Der Fisch ist so groß, dachte ich mir, dass er nur unserem gnädigen Herzog Otto gehören soll; und so nahm ich mir ein Herz und brachte ihn her."

"Das ist schön von dir", antwortete der Herzog, "und was willst du für den Fisch?" - "Gnädiger Herr, gebt mir zwanzig wohlgemessene Stockstreiche, sonst wünsche ich nichts." Erstaunt sah der Herzog den Studenten an, und in der heitersten Laune sprach er zu demselben: "Spiele nicht mit mir, Wiegand; ehe du es dir versiehst, hast du deine zwanzig wohlgemessenen Stockstreiche. Also sei vernünftig, was willst du für den Fisch?" - "Zwanzig Stockstreiche, gnädiger Herzog."

"Die sollst du haben und sollst sehen, ob sie dir soviel Spaß machen." Im Nu stand schon eine Bank im Zimmer, sogleich lag Wiegand auf derselben, und ein Diener zählte ihm zehn Stockstreiche wohlgemessen auf. Aber nach dem zehnten Streiche sprang Wiegand von der Bank, verneigte sich vor dem Herzog und sagte: "So, Herr Herzog, die andern zehn gehören Eurem groben Torwart unten, der mich mit dem Fisch so lange nicht zu Euch heraufließ, bevor ich ihm nicht zusagte, dass ich ihm die Hälfte von dem gebe, was Ihr mir für den Fisch schenket."

Jetzt erkannte der Herzog, welche wohlüberlegte Schlauheit in dem jungen Studenten steckte. Der zu Tod erschrockene Torwart wurde hinaufgeholt, musste sich trotz alles Sträubens auf die Bank legen und erhielt seine wohlgemessenen zehn Stockstreiche, für die er sich noch sehr demütig bedanken musste.

Die Not des armen Bettelstudenten war nun zu Ende, Herzog Otto sorgte gern dafür, dass er seine Studien fortsetzen und beenden konnte.

Dieser Schwank dürfte wohl auch die Veranlassung zur Entstehung der Redensart sein: "Fisch hat's geben."

Quelle: Die schönsten Sagen aus Wien, o. A., o. J., Seite 252, Bilder: Gryffindor unter der Lizenz CC BY-SA 2.5 und Diana Ringo unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 at.



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