Zu einer Zeit, an die sich 
                    kein Mensch mehr erinnern kann, haben einmal die Salzburger 
                    an der Salzach - die, wie jeder weiß, mit dem Inn in die 
                    Donau fließt - eine wunderschöne Kuhherde gehabt.
                    
                    Auf die waren die guten Leute auch ganz ausnehmend stolz. 
                    Nur eines kränkte sie sehr: Der Stier war nämlich 
                    kohlschwarz wie ein Mohr; man hätte ihn für den leibhaftigen 
                    Teufel halten können.
                    
                    Das tat nun den braven Salzburgern sehr weh, denn bei Licht 
                    betrachtet, war er doch ihr Landsmann, und sie konnten den 
                    Gedanken nicht ertragen, dass er das Unglück haben sollte, 
                    ihnen so unähnlich zu sein. "Am Ende muss er auch in die 
                    Hölle!" sagten sie besorgt zueinander. "Nein, das können wir 
                    nicht zugeben. Lieber wollen wir es uns was Rechtes kosten 
                    lassen, um das zu verhindern." Darauf beschlossen sie, den 
                    Stier einmal so gründlich zu waschen, dass er so weiß werde, 
                    wie die anderen Salzburger Stiere es zu sein pflegten.
                    
                    Sie warfen also den schwarzen Stier in die Salzach und 
                    fingen an, ihn tüchtig einzuseifen und abzureiben, mit 
                    starken Bürsten und mit groben Reibtüchern. Sie wandten so 
                    viel Seife auf, dass sie damit alle Pferde der kaiserlichen 
                    Armee hätten putzen können. Und sie rieben, dass ihnen der 
                    Schweiß in Strömen herunterlief und dass sie Schwielen an 
                    den Händen bekamen.
                    
                    Aber es nützte alles nichts. Der Mohr wurde nicht weiß, und 
                    es schien, dass die ganze kostbare Seife verschwendet war, 
                    zu keinem anderen Zweck, als die Donau hinunterzufließen und 
                    von dem grausigen Höllenschlund des Schwarzen Meeres 
                    verschluckt zu werden.
                    
                    Doch es sollte anders kommen.
                    
                    Die Donau trug den Seifenschaum bis vor Wien. Dort standen 
                    am Ufer ein paar Leute und schauten nach Schiffen aus, die 
                    allerhand gute Sachen zum Essen aus Oberösterreich bringen: 
                    Obst und Fische und Butter und Milch und Eier und frisches 
                    Fleisch.
                    
                    Wie sie da so stehen und ihnen schon der Mund wässert, sieht 
                    der eine von fern das Wasser der Donau weißlich gefärbt. 
                    "Seht nur, dort kommt die Milch schon geflossen!" rief er 
                    und zeigte hinauf gegen Heiligenstadt. Und die anderen 
                    schrien: "Gott tut ein Wunder für uns! Er hat das 
                    Donauwasser in süße Milch verwandelt!" Und sie liefen, was 
                    ihre Beine sie tragen konnten, um Flaschen zu holen und die 
                    Milch darin aufzufangen. Dabei verbreiteten sie die frohe 
                    Kunde in den Gassen von Wien, und bald sah man aus allen 
                    Häusern Leute mit Flaschen, Krügen und Häfen herauslaufen 
                    und eilig der Donau zustreben. Sie schöpften den Schaum vom 
                    Flusswasser ab, bis nichts Weißes mehr zu sehen war.
                    
                    Ein Schiffer aber, der aus dem Salzburgischen kam und das 
                    Narrenstückchen seiner Landsleute mit angesehen hatte, fuhr 
                    gerade am Rotenturmtor vorbei, als die Wiener die 
                    vermeintliche Milch freudestrahlend in ihre Flaschen 
                    fassten. Er lachte sie nicht wenig aus, erzählte ihnen die 
                    ganze Geschichte und nannte sie spottend "Flaschenträger". 
                    Die Wiener blieben ihm nichts schuldig und gaben ihm den 
                    Spitznamen "Stierwascher" dafür. Seitdem verspotten die 
                    Wiener und die Salzburger einander mit diesen beiden Namen.
                    
                    Quelle: Die schönsten Sagen aus Wien, o. A., o. J., Seite 356, Bilder: gemeinfrei.
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