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Die Bundeshauptstadt

Märchen aus Wien - Der Heidenschuss

Der furchtbare Ansturm der Türken gegen Wien, die Hauptstadt des Reiches, im Jahre 1529 dauerte nun schon wochenlang. Aber noch war es dem erbitterten Feinde nicht gelungen, eine Bresche in die Mauern zu schlagen und in die Stadt einzudringen, sosehr er auch danach strebte, den Halbmond auf der Spitze des Stephansturms aufzupflanzen. Alle Bewohner der Stadt hatten sich zusammengetan und verteidigten mit allen Mitteln ihre Vaterstadt gegen den hartnäckigen Angreifer.

Eines Tages meldete sich ein Überläufer beim Stadtkommandanten und gab an, dass die Türken, da sie über der Erde keinen Erfolg aufzuweisen hätten, es nun versuchen wollten, durch unterirdische Gänge, die sie mit Pulverladungen sprengen wollten, in die Stadt einzudringen. Er selbst habe mehrere solcher Stolleneingänge vor den Stadtmauern gesehen.

Die Gefahr, welche der Stadt drohte, wenn sich diese Nachricht bewahrheiten sollte, war riesengroß. Daher ging man sogleich daran, Gegenmaßnahmen zu treffen. Alle Hausbesitzer, die in der Nähe der Stadtmauer ansässig waren, wurden angewiesen, mit Wasser gefüllte Bottiche in den Kellern aufzustellen und ständig beobachten zu lassen, da man am Zittern der Wasserfläche eine durch die Minierarbeit hervorgerufene Erschütterung des Bodens zu erkennen vermeinte. Außerdem wurden Trommeln in die Keller geschafft und kleine Würfel auf das gespannte Kalbfell gelegt, um aus der leisen Bewegung der Würfel auf eine unterirdische Grabarbeit in der Nähe zu schließen.

In einer stürmischen Nacht war der Bäckergeselle Josef Schulz im Kellerraum eines Bäckerhauses, das auf der Freyung an der Ecke der heutigen Strauchgasse stand, vor dem Backofen beschäftigt. Denn in dieser traurigen Zeit der Türkennot waren auch viele Leute aus den Vororten in die Stadt geflüchtet, so dass es emsiger Arbeit bedurfte, um das tägliche Brot bereitzustellen, und der Backofen fast gar nicht erkaltete. Plötzlich sah der Geselle, wie die auf der Trommel liegenden Würfel in zitternde Bewegung gerieten. Mit angespannten Sinnen lauschte er. Als er sein Ohr an den Erdboden presste, um deutlicher zu hören, vermeinte er, dumpfes Stimmengewirr zu vernehmen und das leise Pochen ferner Werkzeuge zu hören. "Hilf, Himmel", rief er, "die Türken sind unter der Erde schon nahe bis an unser Haus herangekommen", und lief, so schnell ihn seine Beine trugen, um die Wachen und den Kommandanten zu alarmieren, dem es fast nicht glaublich schien, dass sich die Türken schon so weit vorgearbeitet haben sollten.

Sogleich begann man, vom Keller des Bäckerhauses aus einen Gegenstollen zu graben, und traf wirklich nach kurzer Zeit auf den türkischen Minengang. Die Türken wurden im Dunkeln überraschend angegriffen und bis auf einige wenige, die in Gefangenschaft gerieten, niedergemacht. Der türkische Minenstollen aber, in dem schon eine große Ladung Pulver zum Sprengen bereitlag, wurde wieder zugeschüttet.

So war die Stadt durch die Aufmerksamkeit des Bäckergesellen Josef Schulz vor namenlosem Unheil bewahrt geblieben. Das Haus, wo der Heide die Absicht hatte, sein Pulver zu verschießen, hieß von dieser Zeit an "Zum Heidenschuss". Die Bäckerzunft aber, deren Mitglied durch seine Wachsamkeit zur Rettung der Stadt beigetragen hatte, erhielt vom Kaiser verschiedene Freiheiten und durfte alljährlich mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen ihren Bäckeraufzug feiern.

Quelle: Die schönsten Sagen aus Österreich, o. A., o. J., Seite 20.



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